Seligsprechung

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Sr. Clara Fey wird am 5. Mai in Aachen seliggesprochen. Sie war das zentrale Thema der Ansprache unseres Schulseelsorgers Bruno Müller anlässlich des Schulgründungs- gottesdienstes.

Sehr verehrte Zuhörerinnen und Zuhörer,

am heutigen „Laetare- oder Mittfasten-Sonntag“ versammeln wir uns – wie seit vielen Jahren – hier in der Schleidener Schlosskirche.

Und obwohl es in dieser Kirche fast immer kalt ist, kommen wir dennoch gerne hier zusammen, um uns gemeinsam zu freuen – denn dies bedeutet bekanntlich, wir hörten es, „laetare!“, freue Dich!

In der Feier der Hl. Messe wollen wir Gott und einander dafür danken, dass wir als Clara-Fey-Schule für so viele Kinder, Jugendliche und Familien der Eifel da sein dürfen.  Und wir freuen uns darüber, dass diese Schule uns als Schul- und Solidargemeinde im Geiste Jesu Christi und der Aachener Ordensgründerin Clara-Fey zusammenführt.

Kurz möchte ich daran erinnern, dass die Wurzeln der Schule bis in die ersten Jahre des vergangenen Jahrhunderts zurückreichen. Als „Höhere Mädchenschule“ bestand sie in der Trägerschaft der „Clara-Fey-Schwestern“ seit 1960. 1973 übernimmt das Bistum Aachen die Einrichtung, die dann in Folge mehr und mehr  auch  den Jungen der Eifel offen steht. Im Jahr 2010 feierte das Clara-Fey-Gymnasium sein 50-jähriges Bestehen und seit Sommer 2017 lernen und leben unter dem Dach der Clara-Fey-Schule ca. 950 Kinder und Jugendliche in den beiden Schulformen Gymnasium und Realschule gemeinsam.

Hinzu kommen etwa 70 Lehrerinnen und Lehrer, die Elternvertreter in den entsprechenden Gremien, die geschätzten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hauses in Sekretariat, Hausmeisterei und Mensa, unsere Reinigungskräfte und nicht zuletzt die vielen ehrenamtlich und unverzichtbar für die Schule arbeitenden Männer und Frauen aus der Elternschaft. Außerdem ein riesiger Förderverein mit derzeit etwa 900 Mitgliedern. Die soeben genannten ehrenamtlich wirkenden Eltern leisten ihren Dienst vornehmlich im „Café Clärchen“, im Selbstlernzentrum der Schule sowie – und wieder einmal vorbildlich am heutigen Morgen –  im Clara-Fey-Chor.

All dies ist Grund genug, sich zu freuen und – zumindest einmal im Jahr ausdrücklich und gemeinsam – auch auf diese besondere Weise Danksagung, Eucharistie, zu feiern.

Ich habe eben von den „Clara-Fey-Schwestern“ gesprochen. Die Bezeichnung ist nicht ganz korrekt. Korrekt sind es die „Schwestern vom armen Kinde Jesus“ der von der Aachener Industriellentochter Clara-Fey im Jahre 1844 gegründeten Ordensgemeinschaft, die sich dem körperlichen, geistigen und seelischen Wohl der so vielen „verlorenen“ Kinder und Jugendlichen verschrieben hatte, weil diese damals nicht – und man muss es sagen, wie es ist: leider bis heute nicht wirklich im Blick der Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft waren bzw. sind.

Zu Beginn meiner Arbeit als Schulseelsorger wurde der heutige „Schulgründungstag“ näher am Lichtmesstag, dem 2. Februar, gefeiert. Das hatte geschichtliche Gründe, führte aber immer wieder einmal wegen der eigentlichen Lichtmessgottesdienste, aber vor allem auch wegen des häufig zeitnah gelegenen Karnevals und den damit verbundenen Traditionen zu Terminkollisionen. Damals jedenfalls konnte es passieren, dass zu unserem Festgottesdienst die Kirchenkrippe hier in der Schlosskirche noch stand oder gerade erst abgebaut worden war. Und ich kann mich gut erinnern, dass Du, lieber Philipp [Philipp Cuck, Pfarrer der Schlosskirche], uns dann einmal erzähltest, dass die Clara-Fey-Schwestern die Figuren dieser Kirchen-Krippe hergestellt und eingekleidet hätten. Und als deren Mittelpunkt, wie bei jeder Krippe, das Kind, dieses Jesuskind. [Das gerade erwähnte Krippenkind der Clara-Fey-Schwestern liegt seit Beginn des Gottesdienstes – auf Stroh gebettet – vor dem Altar und wird jetzt der Gemeinde gezeigt].

Dieses winzige, dieses „arme“ – weil hilflose (wie alle neugeborenen Kinder) – und zudem in einem Viehstall geborene Jesuskind ist der Namensgeber und gleichzeitig der „Auftraggeber“ der Clara-Fey-Schwestern, der Schwestern vom armen Kinde Jesus. Denn aus der täglichen Beschäftigung mit diesem „armen Kinde Jesus“, das später ein erwachsener Mann wurde und den Namen Jesus von Nazareth trug, wurde Clara Fey und ihren Mitstreiterinnen klarer und klarer, was es mit der Botschaft – und letztlich dem Auftrag dieses Jesus denn auf sich hatte: Ihm, Jesus von Nazareth, ging es einzig und allein um ein gelingendes Zusammenleben der Menschen, die – wie er es verstand – als Söhne und Töchter, als Kinder Gottes, den er VATER nannte, gleichermaßen und ohne jeden Abstrich geliebt werden.

Es ging Jesus von Nazareth – im Perspektivenwechsel – um einen Gott, der wie ein guter Vater das gelingende und menschenwürdige Leben all seiner Kinder –  also auch seiner Kinder in Afrika, Asien und Lateinamerika  und  auch  seiner Kinder auf den Fluchtrouten und in den Flüchtlingslagern der Welt  – im Blick hat und der alle seine Töchter und Söhne zur Mitarbeit am Aufbau einer Welt der Gerechtigkeit und des Friedens ermutigt und einlädt.

In diese Botschaft Jesu und in die Schar seiner Nachfolgerinnen und Nachfolger verwebten sich die Schwestern um Clara Fey.

Sie bemühten sich mit Herz und Verstand um die aktualisierte Verlebendigung des Evangeliums. So sorgten sich die Schwestern insbesondere um  die Kinder und Jugendlichen, die kein wirkliches zu Hause, oftmals nicht einmal das Nötigste zum Leben, vor allem aber keine sich verbessernde Zukunftsaussichten hatten, weil ihnen das Recht auf Bildung vorenthalten wurde. Wer von nix Ahnung hat – besser gesagt, wer von nichts Ahnung haben kann, wem man das „Menschenrecht“ auf angemessene Bildung, Wissen, Religion und Kultur vorenthält  oder  vernebelt (wie wir es leider heute tagtäglich erleben), ein so klein gehaltener Mensch kann sich nicht wehren und vegetiert ein Leben lang dahin wie ein „armer Hund“. Auch dann, wenn er sich an den sog. Tafeln (Mk 7,28) engagierter Mitmenschen in den Städten und großen Gemeinden sattessen darf!

[…]

Die Schwestern vom armen Kinde Jesus stellen – wie gerade im Evangelium (Mk 9,33-37) ausdrucksstark erzählt  – ein solches Kind in die Mitte ihres Lebens, in die Mitte ihrer jeweils aktuellen Gesellschaft und beginnen so das System der oftmals – und bis heute – über Leichen gehenden Mächtigen, das oben Herrschen und unten Klein halten zu unterwandern und damit zu verändern.

Revolutionär, oder? Das Kind/der junge Mensch/die Zukunft unserer Erde im Mittelpunkt des Interesses der globalen Gesellschaft unserer Tage. Welch ein Traum! Welch eine Vision!

Was müsste da alles geschehen/ sich bewegen/ sich verändern? Wo müssten Prioritäten gesetzt werden?

Und: Wo wären vor allem auch wir selbst angefragt und immer wieder neu herausgefordert? Als Kirche, als kirchliche Schule – aber auch jeder und jede ganz persönlich?

Im letzten Satz des heutigen Evangeliums heißt es: Wer ein solches Kind in Jesu Namen aufnimmt, der nimmt Gott selbst auf.

Gott selbst lebt also – verstehen wir die Botschaft des Evangeliums richtig – in jedem Kind dieser Erde  mitten unter uns.

In diesem Jahr wird Clara-Fey durch die Kirche offiziell „seliggesprochen“. Egal, welche persönliche Einstellung man zu einer solchen Seligsprechung haben mag… Bei Gott sind Clara-Fey und ihre Genossinnen „schon immer“ seliggesprochen! Wir können uns dessen in der Bergpredigt Jesu vergewissern. Dort heißt es:„Selig sind die, die hungern und dürsten nach Gerechtigkeit – sie werden satt werden!“ (Mt 5,6)

Bruno Müller

 

Evangelium (Mk 9,33-37)

Sie kamen nach Kafarnaum. Als er dann im Haus war, fragte er sie: Worüber habt ihr auf dem Weg gesprochen? Sie schwiegen, denn sie hatten auf dem Weg miteinander darüber gesprochen, wer der Größte sei. Da setzte er sich, rief die Zwölf und sagte zu ihnen: Wer der Erste sein will, soll der Letzte von allen und der Diener aller sein. Und er stellte ein Kind in ihre Mitte, nahm es in seine Arme und sagte zu ihnen: Wer ein solches Kind in meinem Namen aufnimmt, der nimmt mich auf; und wer mich aufnimmt, der nimmt nicht nur mich auf, sondern den, der mich gesandt hat.


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